Fall Inga: "Zeit ist unser größter Feind"

Anwalt Steffen Tzschoppe spricht im Interview über seine Initiative, seine Hypothese und die Hoffnung, Inga doch noch zu finden

Rechtsanwalt Steffen Tzschoppe aus Berlin.
Rechtsanwalt Steffen Tzschoppe aus Berlin.

Herr Tzschoppe, seit dem Verschwinden von Inga am 2. Mai 2015 vom Wilhelmshof bei Stendal sind fast acht Jahre vergangen. Was versprechen Sie sich von der neuen Initiative?

 

Nach so langer Zeit ist leider oft noch sehr wenig Hoffnung vorhanden, das Mädchen zu finden. Das Problem ist, dass viele Jahre Ermittlungen nicht wirklich heiße Spuren ergeben haben. Ich hoffe, dass wir jetzt aber neue Ansätze finden. Dass wir irgendwo einhaken können, auch wenn ein Hinweis noch so bedeutungslos klingt. Kein kleines Mädchen verschwindet einfach so vom Erdboden.

 

Wir müssen also davon ausgehen, dass sich irgendjemand Inga gegriffen hat und mit ihr weg ist. Es gibt aber laut der Akten keine Hinweise, die das am Ende belegen würden. Leider sind da Polizei und Staatsanwaltschaft nie wirklich weitergekommen. Und deshalb wollen wir einen neuen Versuch starten und genau dort setzen wir wieder an.

 

»Das naheliegendste ist aber, dass Inga einer Straftat zum Opfer gefallen ist. Davon müssen wir ausgehen.«

Was glauben Sie, was Inga zugestoßen sein könnte? Haben Sie eine Hypothese?

 

Nachdem was die Akten hergeben, kann man sagen, dass ein Unglück irgendwo im Wald unwahrscheinlich ist. Nach der Aktenlage wurde gründlich das Umfeld vom Wilhelmshof mit zahlreichen Hunden abgesucht. Am Ende muss man vielleicht auch davon ausgehen, dass Inga zumindest selbstständig diesen gar nicht verlassen hat. Die drei Familien, die zusammen an jenem Freitag den Tag verbracht haben, können sich das plötzliche Verschwinden jedenfalls nicht erklären.

 

Wir haben einen Punkt in der Nähe des Sportplatzes, wo sie zuletzt gesehen wurde, und dann bricht alles ab. Vielleicht wurde sie mitgenommen, ist doch irgendwo in den Wald gelaufen oder an einer ungünstigen Stelle verunglückt. Es gibt da viele Möglichkeiten. Das naheliegendste ist aber, dass Inga einer Straftat zum Opfer gefallen ist. Davon müssen wir ausgehen.

 

Was ist bisher von den Ermittlungsbehörden unternommen worden. Reichte das?

 

Der Aktenbestand ist sehr umfangreich. Das muss man schon so sagen. Wir reden hier von mehr als 2000 Spuren, von denen viele sogar einen ganzen Aktenordner umfassen dürften. Ob man tatsächlich alles Machbare getan hat, dass mag ich bezweifeln. Zum Anfang haben ganz viele Menschen nach Inga gesucht, dann wurden es immer weniger. Irgendwann hat man dann aufgegeben und dem Fall sich selbst überlassen.

 

In der Hoffnung, dass es irgendwann mal ein Ergebnis gibt. Soweit ich weiß, ermittelt niemand mehr aktiv. Man wartet da auf Kommissar Zufall. Und das ist irgendwie zu wenig. Deshalb wollen wir der Familie helfen, aufzuklären, was mit Inga an jenem 2. Mai 2015 passiert ist. Die Hoffnung, dass Inga noch lebt, ist nicht bei jedem mehr da.

 

2.000 Spuren

Mehr als 2.000 Spuren sind im Aktenbestand zum Fall Inga enthalten.

Was hätte die Polizei besser machen können?

Ich möchte hier keine großen Vorwürfe machen. Ich weiß, dass die Polizei auch nur beschränkte Personalressourcen hat. Und es passiert jeden Tag etwas Neues. Zeit ist aber der größte Feind bei solchen Ermittlungen. Leider verliert sich irgendwann auch der Schwung in solcher Sache. Wenn es eine heiße Spur geben würde, davon bin ich überzeugt, würde auch wieder etwas passieren. Doch aktuell, das ist mein Gefühl, passiert gar nichts. 

 

Wie können die Menschen helfen, den Fall irgendwann doch noch zu klären?

 

Da gibt es nach so vielen Jahren viele Möglichkeiten. Eventuell hat sich bisher ein Zeuge noch nicht gemeldet, weil ihn damals andere Lebensumstände davon abgehalten haben. Vielleicht hat auch jemand etwas gehört, dass in diesem Zusammenhang wichtig sein könnte.

 

Wichtig wäre auch, Personen zu erreichen, die auf dem Wilhelmshof waren und das bisher noch gar nicht bekannt war. Das sind Möglichkeiten, die man nicht außer Acht lassen sollte. Vielleicht gibt es auch eine als unwichtig erachtete Spur, die man dann aber nicht verfolgt hat. Ich kann für uns nur sagen: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 10
  • #1

    Einfach nur ich (Dienstag, 07 Februar 2023 00:05)

    Was mich etwas nachdenklich macht, der Umgang mit Hinweisgebern. Seit einigen Jahren werden Hinweisgeber als ”verrückte Verschwörungstheoretiker “ abgestempelt. Die Medien machen fleißig mit, selbst bei dem Sender N3, hat man sich auf dieses Niveau begeben.

    Was erreicht man damit? Sicherlich nicht, daß sich Zeugen melden.

    Aus eigener Erfahrung als Zeuge, habe ich eine bitterböse Überraschung erlebt, die mich zu dem Entschluss brachte, die Augen zu verschließen.

    Man könnte vieles tun aber ist das gewollt?

    Der Mutter des verschwundenen Kindes wünsche ich nur das Beste. Geben Sie die Hoffnung nicht auf.

    Den Aufruf werde ich teilen, weil es zeigt, daß es doch noch Menschen mit Herz & Verstand gibt.

  • #2

    Birgit Faust (Mittwoch, 08 Februar 2023 06:47)

    Weitermachen und aufklären, dieser Zustand ist Folter

  • #3

    fraglich (Donnerstag, 09 Februar 2023 20:54)

    Mich irritiert, dass auf diesen Seiten nicht die Gelegenheit genutzt wird, den Zeitraum kurz vor ihrem Verschwinden mal eindeutig darzustellen.
    Z.B. ist immer noch ein Suchplakat der Polizei online, auf dem unter „Bekleidung“ eben nicht die Jeanshose aufgelistet wird, sondern nur „Strumpfhose, Unterhose, Unterhemd“. Gleichzeitig wird aber auf Bekleidung „wie im Foto“ hingewiesen, wo aber besagte Jeans zu sehen ist. Auf einem anderen Bild sogar eine pinkfarbene Jacke, die aber auch nicht erwähnt wird.
    Z.B. ist manchmal von einem Verschwinden um ca. 18:45 die Rede, in anderen Berichten von „19:40“, aber jeweils mit praktisch sofortiger Vermisstenmeldung.
    Beide Beispiele sind entscheidend für die Frage, wie lange ein Kind bei einsetzender Dämmerung in einem Waldstück umherirren kann, eine Stunde macht da womöglich einen großen Unterschied. Die Bekleidung wird wichtig, wenn Anfang Mai noch kalte Nächte herrschen und eine Fünfjährige ohne Hose und Jacke schneller auskühlen könnte. Beides entscheidet darüber, ob Inga in der Nacht oder selbst am ganzen nächsten Tag überhaupt noch in der Lage war, den Wald aus eigener Kraft zu verlassen. Dazu gehört dann die Frage, ob sie hungrig oder durstig war, weil vielleicht erst später am Lagerfeuer gegessen werden sollte, oder zuvor noch Essen und Trinken hatte.
    Unklar ist auch immer noch die Einzelheit, ob sie mit anderen Kindern in den Wald gegangen ist oder allein beim Spielen direkt am Waldrand gesehen wurde. Beide Versionen wurden verbreitet.
    Hier wird von den Anwälten eher auf eine Straftat gesetzt, aber bei allem Respekt für großangelegte Suchaktionen: man hat auch schon einen vermissten Krankenhauspatienten trotz Groß-Suche erst Wochen später tot im Gebüsch unter dem Fenster, aus dem er wohl gestürzt war, entdeckt. Neben Fremdeinwirkung ist es eben immer noch möglich, dass Inga den Wald nie verlassen hat.
    Ich weiß, dass die Situation ein Alptraum sein muss für die Eltern, aber eine Seite wie diese hier sollte unter „offene Fragen“ auch die Unklarheiten beseitigen, ohne zu einseitig auf eine Variante einzugehen, für die es bisher wohl höchstens wenige Anhaltspunkte gibt.

  • #4

    Basti Maxi (Freitag, 10 Februar 2023 05:26)

    Mir ging es genauso wie demjenigen vom ersten Beitrag. Ich weiss das der Polizei in der BRD nicht unbedingt zu trauen ist. Vorsicht auch beim Forum "Allmystery". Dort arbeiten Menschen die Verbrechen an Kindern decken. Epstein ist überall...

  • #5

    Jule (Freitag, 10 Februar 2023 21:06)

    Ich verstehe nicht warum die plozei damals nicht den zweiten Hinweis von M. Schneider nachgegangen ist (siehe link unten) ... Von beiden angegebenen Teichen wurde wohl bisher nur einer "durchsucht".
    Ich hoffe der "Fall" wird bald aufgeklärt.

    Alles Gute allen Angehörigen!

    https://www.az-online.de/altmark/stendal/fall-inga-fokus-eingebung-michael-schneider-13796018.html

  • #6

    Laura (Montag, 13 Februar 2023 14:54)

    Ich verfolge den Fall seit vielen Jahren auch immer wieder. Aber ich gebe einigen Kommentaren auch recht, man sagt meist nichts weil man denkt dass es sowieso nichts ist was weiterbringen könnte oder was auch immer.

    Aber ich muss sagen kurz nach dem / bzw paar Wochen oder Monate nachdem der Fall medial aufgefallen war bin ich verreist, wohin weiß ich leider gerade nicht mehr. Und wir haben irgendwann an einer Raststätte gehalten. Dort habe ich eine Familie gesehen und das Mädchen was dabei war (empfand ich so) sah der kleinen Inga sehr ähnlich. Ich dachte dann aber naja da kann kein Zusammenhang sein, das Mädel ist mit ihrer Familie unterwegs. Und sonst war da auch nichts auffällig.
    Ich hab damals gedacht und denke das eigentlich auch immer noch, dass ich durch die Medien sehr gebrieft drauf war etwas rein zuinterpretieren.


    Ich denke viele haben solche Erlebnisse gehabt und teilen diese aus diesem Gedanken heraus nicht.

  • #7

    Nadine (Mittwoch, 15 Februar 2023 00:09)

    Es ist hoffnungsvoll, dass es wohl durchaus noch Menschen gibt, welche ich als menschlich bezeichnen würde. Ich selbst muss erleben, dass man als Hinweisgeber kaum erhört oder wahr genommen wird.

    Eher wartet man von Seiten der "Obrigkeit" wohl so lange ab, bis etwaige Spuren zum Teil beseitigt wurden und sich der Hinweisgeber / die Hinweisgeberin mundtot machen lässt ... man traut sich nichts zu sagen, man ist ja gleich ein Verschwörungstheoretiker ...

    Dann stelle ich mir die Frage, warum ich mein bisher doch relativ glückliches Leben "opfere", um einer "kranken Verschwörung" nachzugehen ...

    Der Begriff "Verschwörung" klingt fast schon zynisch, wenn man darüber nachdenkt, wie viele Pannen, "Fehlerchen" usw. bereits geschehen sind - etliche, man denke an Marc Dutroux ...

    Fazit: Fast mein gesamter Freundeskreis stempelt mich als "Verrückte" ab oder meidet mich, usw. Meine Familie ebenso.

    Aber: Diese Seite gibt mir Hoffnung.

    In unserer, nein, auf dieser Welt scheint es so, als wären die neuen Sportergebisse wichtiger, als die aktuellen Vermisstenfälle.

    Soll ich zynisch sein?
    Die meisten Vermisssten tauchen von selbst wieder auf oder wählten den Suizid.
    Bei den Zeugen heißt es oft: Suizid oder Autounfall...

    Glaube, Liebe, Hoffnung ... und Geduld?

    Hoffnung, dass alles gut wird
    und die Geduld, bis dahin durchzuhalten.

    All das wünsche ich und ich werde weiterhin aktiv mein Bestes dazu tun.

  • #8

    Nicole (Samstag, 22 April 2023 16:20)

    Ich hoffe und bete zu Gott, dass der Hinweis von M.Schneider bzgl. Teich ähnlich einer Boxershorts durchsucht worden ist.
    Der Teich liegt zwischen Staats und Insel.
    Mich ärgert einfach die gesamte fehlende Transparenz im Fall. Das in der Berichterstattung nichts erwähnt wird welcher Teich denn durchsucht worden ist...

    Insel bei Stendal hat seine eigene erschreckende Geschichte was politisches Versagen im bezug auf Resozialisierung von Sexualstraftätern betrifft- im Zeitraum 2011- 2016 recherchiert selbst
    Herr Reiner Haseloff (CDU) will nicht nochmal mit einem großen Reisebus anreisen und versuchen die Bürger zu beruhigen.

  • #9

    Gabriele Ehrenberg (Montag, 19 Juni 2023 15:36)

    Hallo , mich bewegt dieser schreckliche Fall . Ich habe lange in der Psychiatie auch Forensic gearbeitet, ich finde , dass die Klinik nur 5 KM entfernt liegt lässt Arlamglocken schrillen. Vielleicht auch Besucher? Pedophiele haben Besuch von Gleichgesinnten. Viele Patienten haben Freigang , brauchen sich nur in ein Buch eintragen, mit wem Sie sich treffen??? Auch haben solche Einrichtungen Kontakte mit ausgewählten Patienten. Ich glaube all dies ist mit Sicherheit nicht geprüft worden . Wie gesagt es gibt viele Freigänger auch Pedophiele. Sowas nennt man Resozialisierung. Ich würde nicht in der Nähe einer solchen Einrichtung mit Kindern wohnen wollen, weil ich weiß wer in der Umgebung alles rumläuft.
    Mal so zum denken!
    Mit freundlichem Gruß
    Gabriele Ehrenberg

  • #10

    Nina Sütel (Montag, 19 Februar 2024 21:24)

    Hallo ,ich denke jeden Tag an inga ich hoffe und bete das sie ihre Familie wieder in die Arme schließen kann ich begreife nicht wieso das Mädchen einfach so verschwindet ich bin immer in Gedanken bei der Familie und hoffe nur das beste für die Familie und für inga das sie wieder gesund und munter nach Hause kommt lg