"Es sollte im Fall Inga noch einmal alles umgekrempelt werden"

Anwältin Petra Küllmei über die Ermittlungen und die persönliche Hoffnung, ihrer Mandantin eines Tages Gewissheit geben zu können

Rechtsanwältin Petra Küllmei aus Magdeburg. Sie vertritt seit Jahren Ingas Mutter.
Rechtsanwältin Petra Küllmei aus Magdeburg. Sie vertritt seit Jahren Ingas Mutter.

Frau Küllmei, sie sind bereits seit Jahren Anwältin von Ingas Mutter. Wie geht es Ihr aktuell?

Meiner Mandantin geht es den Umständen entsprechend. Es gibt Tage, an denen es ihr schlecht geht und sie in sich gehen muss und Tage, an denen sie den Alltag gut meistern kann. Sie hat für sich Strategien entwickelt, trotz der Ungewissheit, was mit Inga passiert ist, für ihre anderen Kinder da zu sein.

Sie sind seit Jahren mit dem Fall beschäftigt. Haben sie noch Hoffnung, dass er aufgeklärt wird?

Wie sagt man so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass der Fall eines Tages aufgeklärt wird. Immer wieder erfährt man von Fällen, die viele Jahre später aufgeklärt werden; sei es, weil sich Jahre später Zeugen melden, durch neue Techniken Spuren ausgewertet werden können oder der Kommissar Zufall dazu beiträgt.

»Ich bin sogar fest davan überzeugt, dass der Fall eines Tages aufgeklärt wird.«

Welche Hypothese haben Sie?

Ich glaube, dass Inga an dem besagten Tag von einer ihr bekannten Person weggelockt oder überfallartig entführt wurde. Meine Überzeugung ist, dass sich die Person auf dem Gelände in Wilhelmshof aufgehalten hat, denn das Zeitfenster, in welchem Inga spurlos verschwand, ist sehr klein. Wenn man an einen Täter von außen denkt, dann hätte dieser meines Erachtens eine Verbindung zum Wilhelmshof haben müssen oder auf dem Gelände - aber mindestens in der Nähe -etwas zu tun haben müssen, weil man nicht zufällig an diesem Gelände vorbeikommt.

Sie haben schon vor einigen Jahren die schlechte Polizeiarbeit bzw. Arbeit der Staatsanwaltschaft kritisiert, hat sich inzwischen etwas verändert?

Nicht wirklich. Es läuft alles sehr schleppend. Auch wenn Ermittlungsansätzen, die von mir an die Staatsanwaltschaft gesendet wurden, nachgegangen wird, dann dauert es alles sehr lange und wird nicht vollständig abgearbeitet. Kritisch sehe ich insbesondere, dass es nur eine einseitige Kommunikation gibt. Damit meine ich, dass keine Ergebnisse bekannt gemacht werden, wenn man nicht nachfragt, obwohl man den Anstoß dazu gegeben hat. Deshalb ist auch immer eine latente Unzufriedenheit da, weil man das Gefühl hat, es wird nicht gearbeitet.

»Ich würde mir wünschen, dass die Ermittlungen an ein Sonderermittlungsteam übergeben werden. Es sollte noch einmal alles von oben nach unten und von rechts nach links gekrempelt werden.«

Was ist Ihre persönliche Hoffnung?

Zunächst natürlich, dass der Fall alsbald aufgeklärt wird, damit meine Mandantin weiß, was ihrem kleinen Mädchen zugestoßen ist; was an dem 2. Mai 2015 passiert ist.


Ich würde mir auch wünschen, dass die Ermittlungen einem Sonderermittlungsteam übergeben werden, das sich ausschließlich und mit aller Kraft und Kompetenz diesem einen Fall widmen kann. Es sollte noch einmal alles von oben nach unten und von rechts nach links gekrempelt werden. Das kann aber nicht nebenbei – neben den täglichen Aufgaben - erledigt werden.

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Kommentare: 6
  • #1

    Einfach nur ich (Montag, 13 Februar 2023 02:11)

    Problematisch ist wie in dem anderen Artikel schon geschrieben, die Zeit. Durch Fehler, die man in der Vergangenheit beging und auch heute noch begeht, läuft die Zeit für den Täter. Wenn man anfangen würde, Vorurteile abzubauen und Hilfe zulässt seitens der Behörden, wäre allen geholfen.

  • #2

    DiSa (Donnerstag, 30 März 2023 12:34)

    Interessant für mich ist die Logig der Anwältin Petra Küllmei dahingehend, das Inga von einer ihr bekannten Person weggelockt oder überfallartig entführt wurde sowie ihre dazu abgegebene Begründung. Das scheint in diesem Fall eine von vielen Ermittlungsversionen auch für mich eine wichtige Variante zu sein. Nun kenne ich diesen Fall nur aus der Presse und nicht detailliert genug, um das konkreter begründen zu können und nachzuvollziehen, welche Schwerpunkte der Ermittlungen diesbezüglich geführt wurden. Aber ja, auch diese Vermisstensache ist klärbar. Ich denke auch, dass weitere Ermittlungen zum Erfolg in diesem Fall führen würden. Und ja, das kann nicht nebenbei erledigt werden.

  • #3

    Ursula (Samstag, 22 April 2023 01:55)

    Ich kenne den Fall auch nur aus der Presse, aber er bewegt mich sehr. Ein Punkt der mich immer stutzig gemacht hat: Anfangs wurde immer gesagt, Inga habe im Wald mit anderen Kindern Holz für ein Lagerfeuer gesammelt. Erst später wurde gesagt, dass das Kind offenbar auf dem Gelände hin- und hergelaufen ist und gar nicht im Wald war. Meine Frage: Wie kam denn die erste Aussage zustande, und vor allem: Wer hat sie in die Welt gesetzt? Und warum? Hat vielleicht jemand versucht, die Suche in eine falsche Richtung zu lenken?

  • #4

    Nicole (Samstag, 22 April 2023 17:18)

    Was sagt eigentlich das Diakonische Werk zu dem Fall auf dem Wilhelmshof ??? Irgendwie schweigen alle hab ich das Gefühl auch schweigt die Salus... alle die den Fall nur aus der Presse kennen.. Uchtspringe ist ein kleines Örtchen was hauptsächlich aus dem Fachklinikum Salus GmbH besteht. Angesiedelt sind u.a. auch die Lebenshilfe e.v. und die Diakonie.

    Uchtspringe hat auch eine eigene Strafvollzugsanstalt mit Sicherungsverwahrten

    Warum wird das medial totgeschwiegen !!!?
    Hat man Angst um seinen Ruf ?

    Ich komme aus der Region und habe vor Jahren mein freiwilliges soziales Jahr dort gemacht. Nur positive Erfahrungen. Die Salus ist breit gefächert in ihrer Fachkompetenz.

    Mein Bauchgefühl sagt mir aber das irgendwas nicht stimmt. Eingetretene Vorfälle die der Öffentlichkeit verschwiegen werden sollen.
    Das kann alles mögliche sein wie z.b. Freigang oder Pilotprojekte zum Resozialisieren oder oder... Das Inga die Person gekannt haben soll auf einem Diakonischen Hof, wenn dem so ist, dann hinterfragt bitte das Diakonische Werk

    Die Wahrheit muss ans Licht kommen, für Inga für ihre Eltern und für tausende von Bewohnern des Landes Sachsen-Anhalt Raum Altmark

  • #5

    Maria (Donnerstag, 27 Juli 2023 22:14)

    Ich habe mir schon öfters überlegt, ob Inga nicht von einem Mitarbeiter oder Besucher in den Räumlichkeiten des Wilhemshofs versteckt wurde, da sie innerhalb so kurzer Zeit spurlos weg war. Ich habe nie gelesen, ob der Hof unmittelbar nach ihrem Verschwinden gründlich vom Keller bis zum Dach durchsucht wurde!? Hoffentl.geschieht ein Wunder und Inga wird lebend gefunden!

  • #6

    Andreas (Donnerstag, 01 Februar 2024 20:13)

    Warum nicht Silvio Schulz ? Ich verstehe es nicht ! Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit das zwei unterschiedliche Täter, in einem sehr engem Zeitraum von nur fünf Monaten und in geringer Örtlicher Entfernung zueinander, Kinder in nahezu gleicher und auch besonderen Altersgruppe abgreifen?